Vielfältige Kirche - vielfältige Sprache
Kennen Sie den? „Treffen sich drei Ärzte in einer Bar. Warum trinken nur zwei einen Cocktail? Weil eine schwanger ist!“ Was anfängt wie ein Witz, ist tatsächlich ein besonders anschauliches Beispiel dafür, warum geschlechtergerechte und inklusive Sprache wichtig ist.
Wenn wir Texte hören oder lesen, entstehen in unserem Kopf Bilder. Oder haben Sie bei dem Satz oben etwas anderes gesehen als drei männliche Ärzte? Diese Bilder beeinflussen unsere Sichtweise auf die Welt, unser Verhalten und unseren Umgang miteinander.
Die deutsche Sprache ist leider so „konstruiert“, dass sie Frauen nicht (gut) sichtbar macht. Geschlechtergerechte Sprache versucht, dem entgegenzuwirken
und setzt sich für Vielfalt und Gerechtigkeit ein. Gerade Pfarrmedien haben hier eine besonders wichtige Aufgabe, denn die Kritik, dass Frauen in der Kirche „nichts zu sagen“ hätten, taucht regelmäßig auf. Sprache hilft dabei, die vielfältigen Berufungen von Frauen in der Kirche klar sichtbar zu machen.
In der Praxis klingt es für viele Menschen erst einmal mühsam, einen Text geschlechtergerecht zu formulieren. Sie sehen umständlich formulierte Sätze vor sich, die den Lesesfluss stören und Inhalte unverständlich machen. Tatsächlich ist geschlechtergerechte Sprache für uns (noch) nur eines: ungewohnt. Je öfter sie verwendet wird, desto selbstverständlicher wird sie.
Zwei Strategien: sichtbarmachen oder neutralisieren
Um Frauen und Männer in Texten gleichwertig darzustellen, gibt es grundsätzlich
zwei Möglichkeiten: die Geschlechter werden klar sichtbar gemacht, oder es wird geschlechtsneutral formuliert.
Sichtbar machen funktioniert zum Beispiel so:
- Bei der vollständigen Paarform werden männliche und weibliche Formen ausgeschrieben: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten. Das „und“ kann auch durch einen Schrägstrich ersetzt werden, das wäre dann die verkürzte P aarform: Mesnerinnen / Mesner.
- Eine der bekanntesten Formen in der geschlechtergerechten Sprache ist das Binnen-I: GruppenleiterInnen, MinistrantInnen. Ergänzt oder ersetzt wird das Binnen-I inzwischen immer wieder von anderen Symbolen, etwa dem Unterstrich (Helfer_innen), dem Stern (Sek retär*innen) oder auch der Tilde (Partner~innen). Diese Schreibweisen berücksichtigen das ganze Spektrum der Geschlechter und inkludiert etwa auch intersexuelle Personen oder Transgender-Personen.
Egal für welche Variante Sie sich bei Ihren Texten entscheiden – Sie sollten
stets bei einer bleiben und diese in allen Pfarrmedien anwenden. Wenn also
zum Beispiel in Pfarrblatttexten das Binnen-I verwendet wird, sollte es auch auf der Homepage angewendet werden. Vorausgestellte „Generalklauseln“ wie
etwa der Satz „Wir verwenden aufgrund der Lesbarkeit im Folgenden stets die
männliche Form, meinen aber stets beide Geschlechter.“ sind nicht zu empfehlen,
da hier beim Lesen der Texte trotzdem wieder einseitige Bilder entstehen und
in der deutschen Sprache Frauen im Text nicht sichtbar gemacht werden.
Da die oben genannten Möglichkeiten Texte mitunter deutlich verlängern können, wird in journalistischen Texten oft die Variante des geschlechtsneutralen Formulierens bevorzugt.
Auch hier gibt es unterschiedliche Ansätze.
- Statt männliche und/oder weibliche Varianten aufzuzählen, können auch geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen verwendet werden, etwa: die Person, das Mitglied.
- Geschlechtsneutrale Pluralformen (oft Partizipien) sind ebenfalls bereits sehr bekannt: die Feiernden, die Anwesenden, die Vortragenden.
- Satzbildungen mit „Wer …“, „die …“ oder „Diejenigen, die …“ eignen sich besonders gut für Berichte in Pfarrblättern oder auf der Pfarrwebsite. Statt „Die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes wurden zur Agape eingeladen.“ schreibt man „Alle, die den Gottesdienst besucht haben, wurden zur Agape eingeladen.“ Oder auch „Wer den Gottesdienst besucht hatte, wurde zur Agape eingeladen.“
- Anstelle der einzelnen Personen kann in Texten auch auf die Funktion oder das Kollektiv zurückgegriffen werden: das Jungscharleitungsteam, die Firmbegleitungsgruppe.
- Bei einer Formulierung im Passiv und/oder Infinitiv konzentriert sich eine Formulierung nicht auf die Personen, sondern auf die Handlungen, die im Mittelpunkt stehen. Statt „Die Ministrantinnen und Ministranten können sich in der Pfarrkanzlei anmelden.“ schreibt man „Die Anmeldung zum Ministrieren kann in der Pfarrkanzlei gemacht werden.“
Anfangs erscheint geschlechtergerechtes Formulieren oft mühsam und aufwändig.
Wir sind daran gewöhnt, einfach zu schreiben „Die Besucher freuten sich
über ein gelungenes Pfarrfest.“ oder „Die Ministranten haben wieder Zuwachs bekommen.“ Bis wir ganz selbstverständlich Sätze schreiben wie „Die Menschen,
die unser Pfarrfest besucht haben, freuten sich.“ oder „Es gibt wieder mehr Kinder,
die ministrieren wollen.“ braucht es ein wenig Zeit und Übung. Aber es lohnt sich!
Text: Julia Rust