Mit Worten eine Welt erschaffen
Beginnen wir bei den Textsorten: Welche Texte werden Sie schreiben?
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Berichte aus dem Pfarrleben – aus welcher Perspektive erzählen Sie?
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Besinnliches zu den Hochfesten
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Frommes, weil Sie dazu da sind
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Provokantes, weil sich sonst niemand traut
Leserinnen und Leser: Punktgenau für die Zielgruppe formulieren
Wer sind Ihre Leser:innen? Was interessiert sie? Stellen Sie sich Ihre Leser:innen vor: Es sind alle, die das Pfarrblatt erhalten, nicht nur die, die Sie aus dem Gottesdienst kennen – auch die anderen wollen wissen, was in der Pfarre geschieht. Sie schreiben Berichte für die Lokalzeitung, Sie verfassen Presseberichte bzw. -meldungen für regionale Medien?
Praxisbeispiel aus der Kategorie "Vorgestellt" - eine Person, zwei Varianten
1. Aus der Pfarre: Mein Name ist Josef Zimmermann, ich bin der neue Pastoralassistent in unserer Pfarre. Zu meinen Aufgaben gehört das Wohnviertelapostolat sowie der Sozialkreis, außerdem leite ich die Jungschar. Ich bin 28 Jahre alt und habe in Salzburg Theologie studiert. Meine Hobbys sind Radfahren und Bergsteigen, leider habe ich derzeit zu wenig Zeit dafür. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.
2. Kaffee gibt es immer bei mir. So genau weiß ich es nicht mehr, wann ich beschlossen habe, Theologie zu studieren. Warum ich dieses Fach wählte, das weiß ich aber noch wie heute: Über Gott und die Welt nachdenken, Wesentliches im Leben erkennen, die Welt und vielleicht sogar mich selbst besser verstehen – das waren meine Gründe. Jetzt arbeite ich hier in der Pfarre Anif 40 Stunden als Pastoralassistent und suche Verbündete. Menschen, die mich herausfordern, die mit mir den Gottesdienst vorbereiten und gern einmal schnell auf den Untersberg gehen. Ja, ich habe auch Hobbys und Kaffee ist auch immer da. Schauen Sie vorbei, melden Sie sich bei mir.
Ein Gedanke – ein Satz
Ein Hauptsatz, ein Nebensatz: Kürzen Sie Ihre Sätze. Sätze, die mehr als 15 Wörter haben, werden nicht mehr gelesen. Die Hauptsache steht im Hauptsatz; Ihre Adressat:innen sortieren die Bedeutung Ihrer Schreibe nach diesen Prinzipien: Die Aussagen im Hauptsatz erscheinen ihnen wichtiger als die Aussagen im Nebensatz.
Auch Grammatik schafft Wirklichkeit
Aktiv oder Passiv formulieren - das kann einen großen Unterschied machen. Ein Beispiel:
Passiv liest sich so: 8.000 Euro wurden beim Flohmarkt eingenommen. Aktiv klingt dagegen so: 30 MitarbeiterInnen gaben beim Flohmarkt ihren vollen Einsatz und freuen sich über die Einnahmen von 8.000 Euro. Conclusio? Was ist besser: aktiv oder passiv?
Unnötige Worthülsen
Ersetzen Sie folgende Wörter:
- Unerlaubt - verboten
- Unentgeltlich - kostenlos
- Nicht ohne - mit
- unweit - nah
Es geht kürzer und prägnanter!
- vorausplanen - planen
- Rückantwort - Antwort
- Benachrichtigung - Nachricht
- übersenden - senden
- anmieten - mieten
Einfache Sprache oder Verstehen ist ein Menschenrecht
Die Zahl der Erwachsenen, die Probleme haben, sinnerfassend zu lesen, steigt. Aufdrucke wie „in leichter Sprache“ bzw. „leicht lesen“ auf Büchern bzw. in Verlautbarungen zeigen, dass sowohl Behörden wie andere Einrichtungen – auch Pfarren – auf diesen Umstand reagieren.
„Eine Sache oder Dienstleistung ist barrierefrei, wenn sie alle Menschen ohne Hindernis nutzen können. Zum Beispiel können alle Menschen selbstständig in barrierefreie Häuser hineinkommen. Mit barrierefreien Verkehrsmitteln können alle fahren. Eine barrierefreie Ausstellung können alle besuchen. Eine barrierefreie Information können alle verstehen.“
(Aus: Leicht Lesen. Der Schlüssel zur Welt. Klaus Candussi/Walburga Fröhlich (Hg.). Wien u. a. Böhlau 2015. Klappentext)
Informations-, aber auch Einladungstexte laufen ins Leere, wenn sie die Adressat:innen / Leser:innen / Hörer:innen nicht erreichen. Diese Texte erzielen einerseits nicht die gewünschte Wirkung und sorgen andererseits sogar dafür, dass sie Menschen ausschließen. Wie ist das gemeint? Der Widerwillen auf Seiten der Textautor:innen in einfachen Hauptsätzen zu schreiben, ist häufig in der Angst begründet, selbst als „einfach denkend“ bzw. „nicht komplex formulieren zu können“ eingestuft zu werden. Das Gegenteil ist der Fall: Nur wer die Sprache gut beherrscht, ist in der Lage, Aussagen zu vereinfachen und verständliche Informationen zu formulieren.
„Einfache Sprache verstehen ganz viele. Einfache Sprache ist eine Sprache, die wir verlernt haben. Meistens in der Schule, an der Universität oder im Beruf.“
(Aus: Hauke Hückstädt (Hg.): Lies das Buch! Literatur in einfacher Sprache. München: Piper 2020, S. 258)
„Ich wollte mehr sehen von der Welt, ich wollte meinen Traum leben, wollte Schriftsteller werden. Ich war fünfzehn. Mit Worten wollte ich mir meine Welt erschaffen. Alles war möglich. Egal wie hoch diese Berge waren, zwischen denen ich aufgewachsen war, ich konnte plötzlich das Meer sehen. Wenn ich am Gipfel stand, konnte ich es rauschen hören. Die kleine Terrasse vor der Sillianer Hütte war mein Strand, der Himmel war Weite und der Blick in die Ferne mein Glück. Die Bilder, die sich in meinem Kopf formten. Meine Zukunft. Ich wollte Bücher schreiben.“