Punktlandung: Die Zielgruppen
Kurz gesagt
Für wen mache ich Öffentlichkeitsarbeit, und wie erreiche ich diese Personen? Die „Personas-Methode“ kann auf spielerische Art und Weise helfen, sich in die Zielgruppen besser hinein zu versetzen.
Für unterschiedliche Zielgruppen brauchen Sie unterschiedliche Medien. Und Sie sollten Inhalte immer wieder anders aufbereiten, um auch wirklich die richtige Zielgruppe zu erreichen.
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Auf Paulus‘ Spuren in der Gedankenwelt der Zielgruppe nach Menschen fischen.
„Ich find’s komisch, dass Sami jetzt so auf tumblr macht. Tumblr ist so anti-mainstream. Also er möchte so tumblr sein - cool, deep. Das heißt aber nicht, dass er deswegen auch tumblr ist.“ Diese Einleitung hat Sie verwirrt? Dann geht es Ihnen so wie leider oft LeserInnen von Pfarrblättern oder Pfarr-Websites: sie verstehen nur Bahnhof. So wie Ihnen diese Jugendsprache und das Thema vielleicht fremd sind – so auch Ihren „KundInnen“ Insider-Themen und Kirchensprache.
Wer sind nun meine sogenannten Zielgruppen? (ÖffentlichkeitsarbeiterInnen sagen meist: Dialoggruppen) Für wen gestalte ich das Pfarrblatt, für wen plane ich Projekte?
Was ist eine Zielgruppe (Dialoggruppe)?
„Alle im Pfarrgebiet“ sind (noch) keine Zielgruppe. Dafür sind sie viel zu unterschiedlich, haben verschiedene Bedürfnisse und Lebenswelten. Eine Zielgruppe soll möglichst viele „ähnliche“ Menschen umfassen, viel gemeinsam haben.
Beispiele: Menschen mit Kleinkindern – Menschen, die nicht mehr im Arbeitsleben stehen – Menschen, die sich für die Bibel interessieren. Auch diese Zielgruppen kann man noch weiter verfeinern. Wenn Sie Ihre wichtigsten festgelegt haben, sollten Sie sich als nächstes in sie hineinversetzen. Dafür gibt es einen hilfreichen Trick: die „Personas-Methode“.
Personas helfen bei Entscheidungen – und machen Spaß!
Personas (lat. für Maske) sind Prototypen, die eine bestimmte Zielgruppe genauer charakterisieren. Sie werden mit Namen, Gesicht, Funktion, Werdegang und Privatleben versehen. Personas haben Ziele und Verhaltensweisen, Vorlieben und Erwartungen. Um sie zu entwickeln, kann man Studien in Auftrag geben – oder sich auf das eigene Alltagswissen und gelegentlich auch auf ein paar Vorurteile verlassen.
In der Praxis nehmen Sie dazu ganz einfach ein paar Zettel Papier (siehe auch Personas-Vorlage zum Download) und füllen sie aus. Es ist meistens sehr amüsant, im Team zum Beispiel die typischen Personengruppen der Pfarrblatt-Leserschaft (die durch Personas repräsentiert werden) zu erarbeiten. Etwa so: Ingo, 32 Jahre, der Pendler, der nur am Abend und am Wochenende da ist, dann Zeit mit seiner Frau und den beiden Kindern verbringen will, und Resi, 82 Jahre, die alteingesessene Landwirtin, der das Dorfleben sehr am Herzen liegt.
Bewahren Sie sich dabei ein Augenzwinkern und seien Sie sich bewusst, dass das nicht die Wahrheit ist, sondern nur eine grobe Annäherung.
In der redaktionellen Planung des Pfarrblatts helfen die Personas bei vielen Fragen wie:
- Was taugt als Hauptthema?
- Welchen Aspekt davon wollen wir beleuchten?
- Wie können wir das Thema gut verdaulich aufbereiten?
Auch für andere Pfarrmedien oder die Planung und Bewerbung von Projekten oder Veranstaltungen können Sie die Personas-Methode anwenden. Dafür müssen Sie nicht jedes Mal neue Personas erstellen – erarbeiten Sie sich mit der Zeit eine Auswahl für Ihre Dialoggruppen und lassen Sie diese immer wieder zum Einsatz kommen.
Evaluieren mit wenig Aufwand
Nachdem Prototypen ihre Unschärfen haben, können Sie „echte“ Menschen aus den jeweiligen Zielgruppen von Zeit zu Zeit fragen: Hat dich die Aufbereitung und die Themenwahl im Pfarrblatt so angesprochen? War die Sprache verständlich? Welche Reaktion hat der Text bei dir ausgelöst? War der Schaukasten für dich ansprechend? War die Einladung zu dieser Veranstaltung für dich interessant?
Zielgruppen und Medien
Nicht jede Gruppe kann mit denselben Medien gleich gut erreicht werden. Es lohnt sich daher, die Medien je nach Zielgruppe auszuwählen. Dabei sollten Sie immer zuerst überlegen: Welchen Medien begegnet die Zielgruppe in ihrem Alltag?
Die folgende Auflistung dient als kleine Orientierungshilfe:
Zielgruppen fürs Pfarrblatt
Nicht jede Ausgabe oder gar jede Meldung wird für alle von gleichem Interesse sein. Deshalb empfiehlt es sich, Themen jeweils über ein Jahr zu planen, so dass man mal diese, mal jene Gruppe speziell in den Blick nehmen kann. Ein Muster für einen Themenplan finden Sie im Bereich Service. Einige Tipps für häufige Zielgruppen:
Kinder brauchen eine andere Ansprache als die Älteren, wollen aber auf keinen Fall übersehen werden. Kinderseiten im Pfarrblatt sind eine Herausforderung, weil „Kinder“ ja selber wieder eine sehr unterschiedliche Gruppe darstellen – von LeseanfängerInnen bis Pubertierenden. Aber ein Quiz, ein 5-Fehler-Bild sind schnell besorgt und treffen oft ins Schwarze.
Jugend interessiert sich nicht automatisch für die „Erwachsenengemeinde“. Sie soll aber mit ihren Aktivitäten und Anliegen auch im Pfarrblatt vorkommen – schon allein deshalb, damit die Erwachsenen wissen, dass es sie noch gibt, die katholische Jugend.
SeniorInnen sind nur zum Teil, Tendenz aber steigend, mit digitalen Medien vertraut und gehören deshalb auch zu den treuen LeserInnen des Pfarrblatts. Sie will gern auf bewährte Weise informiert und angesprochen werden, insbesondere mit Service-Informationen (Lebenshilfe). Ältere Menschen lassen sich oft als Zeitzeugen befragen; gut gemacht, kann das dann auch für die Jüngeren interessant sein.
Eltern haben besondere Bedürfnisse. Familienkreise und Kindergottesdienste, Krabbelgruppen oder Frühstücktreffs schaffen Orientierungspunkte in ihrem durch den Nachwuchs geprägten Leben. Dafür werden rechtzeitig, also mit wirklich langem Vorlauf für die familiären Planungen, die Termine etwa der Erstkommunion, der Firmungen oder der Ferienfreizeiten genannt. Verlässlichkeit und Planungssicherheit ist für die Gemeindebindung wichtig.
Gruppen, Verbände, Projekte in der Pfarre dürfen nicht übersehen werden. Die Kunst besteht darin, allen Gruppen Wertschätzung zu vermitteln; das ist nicht in jeder Ausgabe zu schaffen, aber in der Kontinuität immer mal wieder. Statt allzu langer, ermüdender und letztlich immer gleicher Rückblicke empfiehlt sich eine Rubrik, in der kurz und knapp das Neueste aus diesen Gruppen vermeldet wird: harte Fakten oder ein aussagekräftiges Foto mit einer informativen Bildunterschrift. Besonders interessant können die Mitglieder solcher Kreise sein, wenn sich ihre Expertise für ein Schwerpunktthema nutzen lässt, z.B. Chor – Musik, KAB – Arbeitswelt, Caritas – Soziales.
Periphere KatholikInnen gelten oft als besonders schwierige Zielgruppe. Doch sie sind meist auch Suchende. Nur suchen sie nicht jede Aktivität einer Pfarre, wohl aber Gott oder den Sinn ihres Lebens. Glaubensthemen (oder auch nur kleine Elemente) gibt es zuhauf. Viel bietet das Kirchenjahr, auch die Sakramente, die Bibel, ein Gebet. Aber auch gesellschaftliche Themen – und ihren Bezug zu unserem Glauben – mag diese Zielgruppe.
Paulus hat versucht, sich in die Gedankenwelt der Juden und der Griechen hineinzudenken, hat ihr Kommunikationsverhalten studiert und sich zu eigen gemacht – freilich ohne sich anzubiedern. Er hat versucht, seine Inhalte in deren Sprache zu vermitteln. Probieren Sie das – auch mithilfe der Personas-Methode – einfach einmal aus! Damit sind Sie – wie der heilige Paulus – schon sehr nahe an jenen Menschen, zu denen Sie gesandt sind.
Text: Julia Rust, Helmut Schmidt, Julia Ungerer, Michael Gstaltmeyr